Artur und die Insel der Dämonen

Die Insel, auf der Artur lebte, war keine gewöhnliche Insel. Es war eine Pirateninsel. Die größte und schönste Pirateninsel der ganzen Karibik, denn so hieß dass Meer, in dem sich die Insel befand. Deshalb war das Dorf in dem Artur lebte auch kein gewöhnliches Dorf. Es war das schönste und wildeste Piratendorf der Welt. Der Ort hatte einen Zaun aus dicken Baumstämmen und ein Tor, welches abends und bei Gefahr immer nach oben gezogen wurde, damit kein Böser und kein Angreifer herein kommen konnte. Da diese Schutzwand aus Holzstämmen und nicht aus Stein ist, nennt man sie Palisade oder wir Artur immer sagte „die Zeichenstifte der Riesen“. Denn da die Baumstämme nach oben angespitzt waren, damit sich jeder, der versucht darüber zu klettern, darauf aufspießt, sah jeder einzelne aus, wie ein riesiger Stift.

Auch sonst war der Ort anders als andere Orte auf anderen Inseln in der Karibik. Es standen ganz große und sehr hohe Bäume im Ort innerhalb der „Zeichenstifte der Riesen“. Viele der Piratenfamilien hatten deshalb ihre Häuser in mehreren Etagen oben um die Bäume gebaut. Richtige Baumhäuser waren es. Diese Häuser konnte man nur durch eine Strickleiter erreichen. Artur wohnte auch in einem solchen Baumhaus. Wenn er die Strickleiter hochzog, konnten noch nicht einmal seine Eltern hochkommen. Stellt Euch mal vor, immer wenn ihr mit euren Eltern einkaufen gehen müsst, eure Freunde besucht oder auch nur mal auf Toilette wollt, müsst Ihr immer eine Strickleiter herunter und wieder herauf klettern. Seit ihr schon einmal eine Strickleiter herauf und vor allem heruntergeklettert? Herunter geht sogar noch schwerer als herauf, wie ihr sicher wisst. Sie wackelt so, dass man die Stufen gar nicht trifft und wenn man sie getroffen hat, biegen sich die Stricke weg und man muss sich gut festhalten, um nicht runter zu plumpsen. Auf jeden Fall war das Geklettere den Piraten nach einiger Zeit viel zu anstrengend und sie wollten es bequemer haben. Deshalb begannen sie, die Baumhäuser oben zwischen den Bäumen mit Hängebrücken zu verbinden. Für die festen Seile nahmen sie die dicken Taue von ihren Schiffen. Die Bretter aus dem Wald bildeten die Tritte. Als der ganze Ort vor lauter Hängebrücken am Ende so aussah wie ein überdimensional großes Spinnennetz, konnten alle Piraten, Piratinnen, Jungen und Mädchen die anderen Häuser erreichen ohne immer die Hängeleitern hoch und runter zu müssen. Das war ganz einfach, außer es kam einem ein ganz dicker Pirat entgegen. Die Piratenjungen und Mädchen liefen dann weit zurück, bis zu einem Haus, wo der dicke Pirat an ihnen vorbei konnte. Manchmal kletterten sie sogar ein Stück die Strickleitern runter, nur um ihn vorbei zu lassen.

Doch dann fand das kleine Straßenmädchen Lea, die erst später zu den Piraten gekommen ist, einen besseren Weg zur Lösung des „dicken Piraten – Problems“. Eines Nachmittags stand die Sonne schon so tief, dass die Bäume bereits lange Schatten warfen und alle Farben viel gelber und wärmer aussehen als die restliche Zeit des Tages. Da kam Lea der dickste Pirat des ganzen Ortes entgegen. Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen und niemand kann wirklich beschreiben, wie dick der war. Eigentlich ein Wunder, dass die Hängebrücken gehalten haben. Ohne die dicken Taue der Piratenschiffe wäre sie bestimmt gerissen und der Pirat wäre nach unten geplumpst und nur noch ein nasser Fleck wäre von ihm übrig geblieben. So aber hielt die Brücke und Lea betrachtete den Dicken genau. Durch die Schatten fielen ihr die übergroßen Absätze seines Körpers auf. Da war sein dicker Fuß, dann ein Absatz auf seinem Knie, eine dicke Fettfalte in Höhe der Hüfte am Oberschenkel. Sein Hemd hing weit und locker über den Bauch, so dass man sich gut daran festhalten konnte. Die Plattform auf dem dicken Bauch war schon fast etwas zum Ausruhen oder um mit einem Freund ein Schwätzchen zu halten. Mit der Stufe, welche die Brust bildete, konnte man mit dem nächsten Schritt die Schulter erreichen. Könnte man sich einfach auf die Schulter stellen und hinten runterspringen, überlegte Lea. Aber dann wäre sie so weit an der Seite und am Rand der Brücke und würde vielleicht beim runterspringen daneben landen. Nein, Lea entschied sich, dann doch besser über den Kopf. Die vorstehende Nase müsste für ein kleines Mädchen, wie sie, als Tritt reichen. Da sie mutig war und auch von ganz hoch nach unten springen konnte, macht das kleine Stück Kopf beim runterspringen auch nichts mehr. Vor allem , da sie sich ja an den Haaren gut festhalten konnte, wenn sie sich zuerst am Rücken runtergleiten ließ.

Inzwischen war der dicke Pirat noch näher gekommen und wurde langsam wütend, weil Lea immer noch nicht Platz gemacht hatte und zurück ging. Doch plötzlich, ehe er sich versah und dreimal zwinkern konnte, sprang Lea auf ihn zu, fasste sein Hemd, setzte die Füße nacheinander auf Fuß, Knie, Hüfte, Bauch, Brust, Schulter – an der Nase wäre sie fast abgerutscht- und lies sich am Rücken des Piraten an dessem Haar herunter und war auf der anderen Seite, während der dicke Pirat noch ganz verdutzt und verwundert guckte. Zuerst wollte er ganz wütend werden. Er holte schon tief Luft als ihm plötzlich auffiel, dass es gar nicht weh getan hat und hier oben in den Bäumen die Füße der Kinder auch nicht so schmutzig waren. Zudem hatten die Piratenkinder nie Schuhe an. Außerdem wäre Lea viel schneller gewesen als der dicke Pirat.  Daher atmete er wieder aus, schüttelte den Kopf und sagte gar nichts. Andere Piratenkinder hatten Lea gesehen und bald kletterten die meisten von ihnen einfach über die dicken Piraten hinweg, wenn sie ihnen entgegen kamen. Aber bei der Nase mussten sie immer aufpassen, besonders wenn der dicke Pirat nur eine kleine runde Knubbelnase hatte.