Tatsächlich hatten die Kraken Undine schon in die Höhle der Meerhexe gebracht, in eine große Halle, welche von Leuchtquallen, Vampirtintenfischen, Leuchtkrebsen und Leuchtkorallen erhellt wurde. Von der Decke hingen zwei Ketten mit Metallringen und auf dem Boden war eine Bohle von einem Schiffsmast mit zwei Ketten befestigt. Diese Bohle hatte eine Aussparung durch die genau ein Fischschwanz hindurch passte. Zuerst befestigten die Kraken eine von Undines Händen in einem der Metallringe, ohne sie aus dem Netz zu befreien, danach die andere Hand im anderen Ring. Dann klemmten sie gemeinsam den Schwanz der Meeresfee unter den Balken am Boden. Nachdem sie die Ketten, an denen die Hände gefesselt waren, gut gespannt hatten, war Undine wehrlos. Nun brauchten sie das Netz nicht mehr. Nachdem sie es entfernt hatten, dachten sie sich, sie könnten sich die Wartezeit bis die Demona zurückkommt etwas mit Undine vertreiben. Einer der Kraken schlang einen seiner Fangarme um Undines Hals. Während er langsam zudrückte und die Meeresfee kaum noch Luft bekam, saugten sich die Saugnäpfe seiner anderen Fangarme an ihren Armen und Beinen fest, während der zweite Krake einen seiner ekligen Fangarme über Undines Gesicht gleiten ließ. Zum Glück wusste Undine, dass ihr die Kraken nichts tun werden bevor die Meerhexe nicht zurück war und von ihr die Informationen bekommen hat, die sie wollte. So versuchte sie, die ekligen Krakenarme zu vergessen und zu überlegen, was am besten zu tun wäre.
Undine sah sich ganz unauffällig in der Höhle um, sobald der Krakenarm ihre Augen freigab. An der Wand fiel ihr ein großes Bild der Meerhexe auf. „So eine eingebildete Seekuh, ein Bild von ich selbst an die Wand zu hängen!“, dachte sie noch als ihr auffiel, dass es gar kein Bild von Demona war, sondern eines von Medusa. Eine schwarze Schleife war am Bilderrahmen befestigt. „Stimmte das Gerücht doch? Hatte Medusa damals doch eine Tochter und ist diese Tochter Demona, die Meerhexe?“, schoss es Undine plötzlich durch den Kopf. Das würde zumindest ihre Zauberkräfte erklären. „Aber warum war sie so böse geworden während ihr Bruder, der geflügelte Pegasus, so lieb geworden ist?“, dachte Undine weiter, „Und was hat Demona seit ihrer Geburt erlebt? Wie war es überhaupt möglich, dass die Existenz der Tochter von Medusa so lange unbekannt und nur ein Gerücht geblieben ist? Wusste Poseidon davon? Hat er deshalb die Meerhexe immer verschont? Und was bedeuten die Buchstaben MW, die neben dem Bild in die Wand gemeiselt sind?“ Aber vor allem, wie sollte Undine hier lebend herauskommen und Leas Vater warnen? Ihre Lage war aussichtslos. Gerade als der Meeresfee dies klar wurde, gab es einen Knall. Die Tür zur Halle zersprang und Orcaion schoss herein. Hinter ihm erschienen Hammerhai, Schwerfisch und Sägerochen, die Spezialwache Poseidons. Schell waren die beiden Kraken überwunden und Undine befreit. Noch ehe die Meerhexe zurück war, waren sie alle verschwunden und Undine setzte ihren Weg zu Oraculum, dem weisen Tintenfisch, fort. Währenddessen legte die Spezialwache einen Hinterhalt für die Meerhexe, um sie bei ihrer Rückkehr zu fangen. Damit Oraculum nicht umsonst wartete, sagte Undine ihm kurz über den Meeresunterhalter Bescheid, dass sie später kommen würde, weil sie durch die Meerhexe aufgehalten und durch Orcaion und seine Wache befreit wurde. Dies war natürlich ein großer Fehler, das wusste sie jedoch noch nicht. Bereits Sekunden später erfuhr die Meerhexe von ihren mithörenden Spionen, dass Undine wieder frei war. Sie kochte vor Wut, wusste nun aber auch, dass die Spezialwache Poseidons auf sie lauerte und kehrte sofort um bevor sie ihre Höhle erreichte.
Wie hatte die Wache Undine und den Weg zu ihrer Höhle so schnell gefunden, dachte sie noch, während sie zu ihrer Mithörzentrale schwamm.
Diese Frage könnte ihr Undine leicht beantworten. Die Kraken hatten auf dem Weg zur Höhle nicht bemerkt, wie Undine immer wieder eine ihrer silbernen Schuppen fallen ließ, die so den Weg zur Höhle zeigten. Oraculum war am Morgen mit einem unguten Gefühl aufgewacht und hatte deshalb im Palast angerufen. So hatte sich die Spezialwache ebenfalls auf den Weg zu Oraculum gemacht und dann plätzlich die silberen Schuppen der Meeresfee entdeckt, an die sich Orcaion wegen ihrer Schönheit so gut erinnern konnte. So wusste er, dass etwas passiert sein musste, als sie der Schuppenspur folgten.
Während er nun mit seiner Spezialwache an der Höhle der Meerhexe im Hinterhalt wartete, erreichte die Meerhexe ihre Mithörzentrale. Sie hatte eine neue Idee, wie sie Lea finden könnte, falls die Meeresfee bevor sie zu Poseidon gekommen ist, in der Nähe von Lea war.
Wie die Meerhexe dies herausfinden möchte, ob ihr dies gelingt und ob sie Lea findet, erfahrt ihr in einer der nächsten Geschichten.