In diesem Moment schießt wie aus dem nichts Luzia, eine kleine Meerjungfrau aus Poseidons Meereshauptstadt, mit ihren Freundinnen an Undine vorbei. „Hast du uns was mitgebracht? Oder erfüllst du uns wenigstens einen Wunsch, Meeresfee?“, schallt es wie eine Stimme aus ihren Mündern. „Ja, ich zaubere, dass eure Eltern sofort erfahren, dass ihr euch so weit draußen im Meer befindet und ihr zum Dank dafür heute Küchendienst zu Hause machen dürft.“, tönte Undine lachend zurück. „Meint DIE das ernst?“, fragte eine ganz kleine Nixe ängstlich ihre Freundinnen. „Ja, Undine meint so etwas immer ernst!“, lachten die anderen Nixen und tobten weiter durchs Meer. „Natürlich weiß ich, dass ihr schon groß seit und sage euren ängstlichen Eltern nichts.“, antwortet die Meeresfee, „Ihr wisst schon, wie ihr Euch schnell verstecken könnt, wenn ein Schatten im Wasser auftaucht, weil sich ein Fangarm eines Kraken von hinten an euch anschleicht, um euch zu packen und zu fressen. Ihr wisst auch schon, dass ihr, wenn ihr einem der großen Haie hier draußen nicht entkommen könnt, ganz schnell in das schreckliche Maul schwimmen müsst, damit euch die Zähne nicht zerquetschen. Wenn er das Maul dann wieder öffnet, um etwas anderes zu fressen, huscht ihr heimlich wieder raus und versteckt euch, ehe er es bemerkt. Deshalb mache ich mir überhaupt keine Sorgen um euch. Wenn ich gerade vorhin den Haien entkommen bin, dann schafft ihr das auch.“ Plötzlich wurden die Nixen ruhig und die ganz kleine Nixe fing an zu weinen: „Ich will nach Hause!“. Nachdem sich die kleinen Meerjungfrauen auf den Rückweg gemacht hatten, fragte sich Undine wieder: „Bin ich nun doch böse und eine Hexe statt eine Fee?“
Schnell machte sie sich wieder auf den Weg. Hinter dem nächsten Korallenriff entdeckt sie in der Ferne die Meereshauptstadt mit Poseidons Palast.
Undine kennt den Anblick seit vielen Jahren. Trotzdem ist sie jedes Mal wieder fasziniert, wenn sie den Palast entdeckt. Auf der Erde bei den Menschen gibt es viele Königreiche, Paläste und Herrscher. Im Meer gibt es nur einen Meereskönig und einen Palast und in dem scheint aller Glanz und Schönheit, die auf der Erde auf viele Paläste verteilt ist, in einem einzigen Palast auf dem Meeresgrund zusammengeflossen zu sein. Das Licht, das er ausstrahlt, erhellt die ganze Stadt noch mehr als sie sonst schon strahlt.
Undines bevorstehende Ankunft war Poseidon schon gemeldet worden. Er erwartete die Meeresfee schon ungeduldig. Vorbei an einem der Lieblingsdelphine schwamm Undine direkt zum König. „Welch wundervolle Ausstrahlung Undine hat. Wie toll wohl ihre Kinder werden würden.“, dachte Poseidon noch, der selber schon viele Kinder hatte, obwohl er gespannt war, was die Meeresfee zu berichten hatte.