Sie könnte kurzfristig maximal Haie schicken, die versuchen sollten Undine aufzuhalten. Es nutzt Dämona auch aktuell nichts, wenn sie weiß, wo sich Leas Vater aufhält. Also könnte ich auch direkt mit Poseidon sprechen. Aber gibt es noch einen anderen Weg, ohne dass die Meerhexe etwas erfährt?“, dachte Undine weiter. Oraculum erahnte ihre Überlegungen und schlug vor: „Du kannst dich doch auch für eine Weile in einen Menschen verwandeln. Gehe in einen beliebigen Ort in Indien und frage nach dem Herrscher des Landes. Jeder Erwachsene sollte dir das sagen können. Dann erkundige dich nach den Palästen und suche den aus, der am nächsten am Meer liegt. Schwimme dorthin und lasse dem Großmogul eine Nachricht übermitteln, dass du ihn treffen möchtest. Wenn du Lea und den Gouverneur erwähnst, solltest du vielleicht eine Audienz, also ein persönliches Treffen, mit Leas Vater bekommen. Falls der Großmogul gerade nicht in diesem Palast verweilt, sondern fern vom Meer, kannst du Poseidon immer noch anrufen, dass er Leas Vater wieder im Traum erscheinen lässt und über dein Kommen, den Treffpunkt und die Zeit für das Treffen informiert. Aber vielleicht ist hier die Abkürzung doch der bessere Weg. Ruf Poseidon direkt an, erfahre den Strand des Treffens und lass ihn den Großmogul über einen Traum benachrichtigen. Mach aber noch eine Alternative, z.B. einen Treff in seinem Palast aus, falls es zu der Zeit ein Unwetter am Strand gibt und es dort für Leas Vater zu gefährlich würde. Man weiß nie genau, was Dämona einfällt. Oder besser, mach gleich einen Termin im Palast aus. Da hat Dämona weniger Macht. Gut wäre, wenn du eine Information über Lea mitnehmen kannst, die nur du und der Großmogul kennt. Hast du dafür eine Idee?“ „Ja, vielleicht. Lea hat einen schwarzen Stein im Ohr, der manchmal leuchtet. Ihr Vater sollte wissen, was es damit auf sich hat.“, antwortete Undine. „Ich wünsche dir viel Erfolg und möchte dich nicht länger aufhalten.“, sagte Oraculum und Undine verabschiedete sich, „Vielen Dank für deinen Rat.“ Danach beendete die Meeresfee das Gespräch. Nachdem sie die gelbe Lallschnecke aus ihrem Ohr und den Schleim von der Zunge entfernt hatte, ließ sich Undine mit Poseidon verbinden. Dieser freute sich, von der Meeresfee zu hören und fragte gleich, wann sie wieder in seinem Palast sei. Diesmal ließ sich Undine nicht auf dieses Thema ein, sondern schilderte dem Meeresgott ihr Thema. Poseidon sagte ihr, dass sich ein Palast vom Großmogul in der Stadt Surat befindet. Diese liegt mit einem wichtigen Handelshafen am Meer. Von hier aus startete auch das Schiff mit Lea und ihrer Mutter, bevor es von der Meerhexe versenkt wurde. Deshalb besuchte „Shah J.“, wie Lea’s Vater in Indien genannt wurde, die Stadt in seiner Trauer nun öfter. Sein eigentlicher Palast, an den sich Lea in ihren Träumen erinnert, liegt in Dehli, der Hauptstadt im Landesinneren. Aber Undine hatte Glück. Shah J. befand sich gerade auf dem Weg nach Surat und würde es am Abend erreichen. Poseidon versprach ihr, sich um den Traum zu kümmern, um Leas Vater wissen zu lassen, dass ihn in den kommenden Tagen eine Frau zu sprechen wünscht, die ein kostbares Geschenk mitbringt. Diese würde ihm Nachrichten über seine Tochter überbringen. Das war ja wirklich Glück. So musste Undine nicht längere Zeit in der Region auf Leas Vater warten. Sie versprach Poseidon noch, bei nächster Gelegenheit wieder im Palast vorbeizuschauen. Dann beendete sie das Gespräch und steckte den Meeresunterhalter wieder ein.
Surat zu finden war nicht schwer. Sie musste nur den großen Handelsschiffen folgen, die hier fast alle dahin unterwegs waren. Da die Meeresfee jetzt gut gelaunt und optimistisch war, ließ sie sich zur Freude der Seeleute blicken und schwamm mit der Bugwelle des Schiffes um die Wette. Manchmal sprang sie dabei aus dem Wasser, wie ein Delfin und manchmal tauchte sie nur zum Spaß unter dem Schiff durch. Viele Matrosen standen an der Reling, dem Geländer, des Schiffes und winkten der Meerjungfrau begeistert zu. Kurz vor dem Hafen von Surat tauchte Undine ab.